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Facsimile

Buch III

Ging das erste Buch auf die musikalischen Gattungen ein, so befasst sich das letzte und umfangreichste in neun Kapiteln mit ihren aufführungstechnischen Gegebenheiten. Kapitel 1-3 liefern Begriffserklärungen zu Dynamik- und Tempobezeichnungen (z.B. Fortè, Pian), formalen Abschnitten (z.B. Ritornello), Stimmen und Stimmlagen (Partes, Bassetto, Barytonus) sowie Instrumental- und Vokalgruppen (Choro mutato, Ripieno), wobei die Ausführungen zur Capella Fidicina Auskunft geben über Rezeption und Aufführungsvorlieben der geistlichen konzertierenden Musik Italiens im deutschsprachigen Raum.

Kapitel 4-5 sind den Instrumenten gewidmet, ihren italienischen Benennungen und ihrer Einteilung gemäß ihrer musikalischen Funktion in Fundament- und Ornamentinstrumente. Bezeichnenderweise wird als Charakteristikum der Ornamentinstrumentisten die gute Kontrapunktkenntnis hervorgehoben, die als unentbehrlich gilt für die improvisierten melodischen Verzierungen66.

Die Generalbasspraxis der Fundamentinstrumentisten wird im Anschluss (Kap. 6), unter Bezug auf Viadana, Strozzi und Agazzari, nach folgenden Aspekten behandelt: Sinn und Zweck des Basso Continuos als Fundament, Haupt- und Direktionsstimme, Anforderungen an die Instrumentisten, Ausführung im Hinblick auf harmonisch-kontrapunktische Satzdichte, Lage der Kadenzen, Gebrauch der Dissonanzen, Imitation, Ornamentik, Dynamik, Besetzung und zuletzt Generalbassbezifferung.

Die Folgekapitel liefern den wohl ausführlichsten theoretischen Beleg für die Kombinationspraxis von Stimmen und Instrumenten während der Spätrenaissance und dem Frühbarock. Praetorius geht zunächst von fremden mehrchörigen Vokalkompositionen u.a. von Lasso, Merulo, Wert, Gabrieli und Hassler aus und schildert, wie diese gemäß Schlüsselung mit Instrumenten zu besetzen seien (Kap. 7). In einem zweiten Schritt werden dann die Besetzungs- und Dispositionsmöglichkeiten in 12 Arten beschrieben und anhand von eigenen Kompositionen, insbesondere den Polyhymniae Caduceatrix, exemplifiziert (Kap. 8). Die im Geiste des Varietas-Ideals stehenden Beschreibungen veranschaulichen greifbar die Fülle an Besetzungs- und Dispositionsmöglichkeiten. Bezeichnenderweise fokussieren sie dabei jedoch ausschließlich auf praktische Gesichtspunkte – Ambitus, Dynamik, Spielbarkeit – ohne die kompositorischen, rhetorischen oder symbolischen Beweggründe darzulegen.

Das letzte Kapitel vermittelt die italienische Gesangs- und Ornamentationslehre gemäß Bovicelli und Caccini. Der Stoff wird nach der ciceronischen Dreiteilung der Kunst in Natura, Doctrina und Exercitatio angeordnet, wobei der mittlere Teil Anlass zur Beschreibung der Verzierungsfiguren gibt (u.a. Accentus, Tremolo, Groppo, Trillo Passaggiso).

Das Werk schließt mit Personen- und Sachindizes sowie einem Korrekturverzeichnis. Der Personenindex mit den 51 angeführten Autoritäten gibt jedoch nur ein vages Bild über die ca. 200 Personen und 180 Werke, die von Praetorius zitiert werden67.

66 Praetorius (1619), S. 146.
67 Siehe dazu den Index Generalis sowie Abschnitt 4.1.

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