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1. Cantio, concentus, seu Symphonia

1. Cantio, concentus, seu Symphonia, est diversarum vocum modulatio. Italis vocatur Concetto vel Concerto, quod Latinis est Concertatio, qua Variae Voces aut Instrumenta Musica ad concertum faciendum committuntur. Suavitas enim non tàm in artificio, quàm in ipsa variatione consistit. Germanicé ein Concert.

Usurpatur autem hoc Vocabulum Concert 1. in genere, quo quavis Cantione Harmonicæ. Wie davon ein vornehmer Musicus in Italia, Ludovicus Viadana seine Cantiones, uff die newe von ihm erfundene sehr anmutige und nutzbare Art gerichtet, mit dem Namen Concert intituliret, und in der vorhergesetzten Praefation unter andern dieses angedeutet: Daß es gar fleissig dahin gesehen, damit nicht gar zuviel Pausen inferiret würden, besondern, daß diese Concerten mehr Liebligkeit, Cadentien und Passaggien in sich hetten, Auch ein jegliches Wort, und dessen Syllaben exactè seinen Noten respondiren möge, damit die Zuhörer alle Wort und Sententias desto leichter einnehmen und verstehen köndten. Es habe ihn aber hierzu sonderlich bewogen, dieweil er gesehen, daß offtmals eine Mutet von 5, 6 oder mehr Stimmen in die Orgel gesungen worden, der Sänger oder Cantorn oder, sonderlich in den Klöstern, selten uber zwey oder drey gewesen, und also aus mangel der andern Stimmen der Symphony an Liebligkeit und Zierde viel entzogen, sonderlich, weil die außgelassene Stimmen mit fugis, Clausulis, et cetera. (Welchen in den andern Stimmen, so mit Musicanten bestellet, lange Pausen zu respondiren pflegen) erfüllet seyn. Und denn das nach langen und vielen Pausen der Text mutiliret unnd zerstümmelt den Auditoren viel Verdruß, und den Cantoribus mühe und arbeit zuwege bringet. Habe derowegen Hand an die Feder geleget, und etzliche Mutetten auff eine sonderliche Concertatweise mit einer, zwo, drey und 4 Stimmen gesetzet, und sonderlich zur Orgel accommodiret. Welche anderen soviel Lust und Beliebung gemacht, daß sie nicht allein in den Haupt Kirchen zu Rom öffentlich in grosser frequentz gesungen, sondern auch viel vornehme ingenia zur imitation excitiret und angereitzet haben.

Wie es denn auch am Tage, daß jetziger zeit in Italia fast alle, oder ja die meisten Componisten gar wenig von Madrigalien, meistentheils aber uff diese und der-


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gleichen Art gerichtete sehr herrliche Sachen, welche sie mit einer eintzigen, zwo, dreyen und vier Stimmen cum Basso generali pro Organo (darvon hinten in 3. parte mit mehrerem sol gesagt werden) in druck herfür kommen lassen, Concertos, concentus ac Motettas indifferenter nennen und inscribirn.

Und wiewol sie die Lateinische Cantiones oder Motetten, so uber 4 mit 5, 6, 7, 8 Stimmen gesetzt, meistentheils Sacras Cantiones, sacros Concentus et Motettas intituliren, So befinde ich doch, daß diese Wörter Concert, Cantiones, Concentus, Motettas eins wie das andere vor Geistliche Lateinische Gesänge unnd Cantiones verstehen. Wie dann der Steffano Nasimbenii nicht allein seine Missen und Psalmen auf 3 Choren mit 12 Stimmen, sondern auch die andern mit 9, 5 und wenigern Stimmen, Concertos Ecclesiasticos intituliret.

2. Inspecie à Concertando, Wenn man unter einer gantzen Gesellschafft der Musicorum etzliche, und bevorab die besten und fürmembsten Gesellen heraus sucht, daß sie voce humana, und mit allerlei Instrumenten, als Zincken, Posaunen, Block- und Querflöiten, Krumbhörner, Fagotten oder Dolcianen, Racketen, Violen de Gamba, groß und kleine Geygen, Lautten, Clavicymbeln, Regal, Positiffen, oder Orgeln, et cetera und wie die Namen haben oder erfunden werden mögen (davon im dritten Theil dieses Tomi weiter gesagt werden sol) einer nach dem andern Chorweise umbwechseln, und gleich gegen einander streitten, also, daß es immer einer dem andern zuvor thun, und sich besser hören lassen will.

Daher auch das Wort Concerti sich ansehen lest, als wann es von Lateinischen verbo Concertare, welches mit einander scharmutzeln heist, seinen Urspung habe. Fürnemlich und eigendlicher aber ist dieser Gesang ein Concert zu nennen, wenn etwa ein niedriger oder hoher Chor gegen einander, und zusammen sich hören lassen. Welche art, ob sie wol auch in Cantionibus Sex vocum gebraucht wird, kan es doch nirgend besser, als in denen, so mit vielen Stimmen uff 2, 3, 4, 5 oder mehr Chor gesetzt seyn angeordnet werden.

Die Engelländer nennens gar appositè à consortio ein Consort, Wenn etliche Personen mit allerley Instrumenten, als Clavicymbel oder Großspinnet, großLyra, Doppelharff, Lautten, Theorben, Bandorn, Penorcon, Zittern, Viol de Gamba einer kleinen Discant Geig, einer Querflöit oder Blockflöit, bißweilen auch einer stillen Posaun oder Racket zusammen in einer Compagny unnd Gesellschafft gar still, sanfft und lieblich accordiren, und in anmutiger Symphonia mit einander zusammen stimmen.


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