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3. Falso bordone.

1. Fürs erste werden die Psalmen, so im Anfang der Vesper, als Nota contra Notam in einer reige nach einander in unisono gesetzt seyn, Psalmi Falsi Bordoni genennet. Wiewol in denselben nunmehr der Baß in der Quinta unter dem Tenor allezeit gefunden wird, so die Harmoniam gut und Complet machet.

2. Bey den Italis aber ist Falso Bordone, welches die Frantzosen Faulx Bourdon nennen, wenn ein Gesang mit eitel Sexten nacheinander gesungen


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wird, also daß der Alt vom Discant eine Quarta, und der Tenor vom Alt eine Tertia niedriger, und also oben eine Quart, vnd unten ein Tertia respectu mediæ Vocis ist.

Erat autem veteribus receptum, ut iucundissimæ harmoniarum excursiones interdum hac ratione instituerentur. Sed cum veram Basin non habeant, et Bordone Italis chordam, quæ ύπάτην seu maximam in Testudine proximé sequitur, significet, Falso Bordone appellatur. Denn die Tertia hat ihren natürlichen Sitz nicht in sonis gravibus et inferioribus, besondern in sonis acutis et superioribus.

3. Und wie fürs dritte Bordone eine grosse Hummel, welche daher rauschet, summet und brummet, interpretiret wird, Also gibt diese Art keine liebliche, sondern rauschende, summende und brummende Harmoniam, Und solches wegen folgender Ursachen. Erstlich weil die Tertia ihren locum naturalem hat in sonis superioribus, wie aus den numeris Harmonicis radicalibus et proportionalibus 1, 2, 3, 4, 5, 6, 8 und folgenden Schematismo zu ersehen.


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Denn 1 und 2 bestätiget eine Octavam in sonis inferioribus. Wie aber zwischen 1 und 2 keine andere mittelzahl, also ist zwischen G unnd g weder Quinta noch Tertia und 3 aber bestetiget eine Quintam, Wie 3 und 4 eine Quartam in sonis intermediis. Es kan aber gleicher gestalt die Quinta in Tertiam Majorem und Minorem (wegen deß, das zwischen 2 und 3 keine mittelzahl) nicht abgetheilet werden. Endlich bestetiget 4 und 5 Tertiam Majorem, 5 aber und 6 Tertiam minorem in sonis acutis et superioribus.

Hieraus sihet man nun, daß die Tertia ihren Locum naturalem nicht in sonis gravibus, besondern in acutis habe. Und weil die Harmonia am besten, in welcher die Consonantiæ an ihren gebürenden und natürlichem orte gesetzet werden, und die Tertia in sonis acutis eine liebliche Harmoniam machet, Als folget daraus, daß sie in sonis gravibus einen trawrigen unlieblichen und rauschenden concentum zu wege bringet. Wie gleicherweise die Octava in sonis acutis et superioribus eine hiulcam harmoniam verursachet, Wie aus diesen Schemate, darinnen der consonantiarum sedes und series naturalis invertiret wird zu sehen.


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Zum andern, weil die Quartæ nach etlicher Meynung, consonantiæ perfectæ, und derselben nicht zwey, geschweige denn mehr, ja nicht zwey consonantiæ imperfectæ absque vitio auff einander folgen können, so wolte daraus folgen, daß ein solcher Concentus nicht zu approbiren sey.

4. Zum vierdten fallen in obliqua σχέσει non Harmonicæ für, welche die Theorici nicht gerne zulassen wollen, weill es vitiosi progressus. Denn wenn die Tertia, welche in sonis gravibus gesetzet, per octavam in sonos acutos erhoben wird, hat man so viel Quintas zwischen der obern und mittel Stimme, als man zuvor Quartas gehabt hat.

5. So werden auch die Clausulæ finales cujuslibet toni, falsi Bordon genennet. Dann Bordoni propriè seynd säume und gebrähme an Kleidern, als ende, und gewisse weise eines dinges, Wie aus den Antiphonis (ubi Clausulæ finales cum Clausulis finalibus Tonorum et Basibus videntur ex parte esse incertæ et falsæ) zu sehen. Wobey dann zu erinnern, daß etliche vermeynen, der Tenor habe unnd führe seinen Namen auch à Bordon, quod est Latiné Tenor, Germanicé ein Stender, der unter einem Ast am Baume, so voll Gewächs henget, als ein Stützen gesetzet wird, dorauff der gantze Baum ruhet. Oder als ein Jacobs- und Bilgerstab (Bordone, el'hasta che porta il peregrino per viaggio) denn ein Peregrinator oder Wallersman in der Hand hat, und sich daran halten muß. Item ein baume mit Eisen beschlagen, da man ein Hauß mit stützet, und die gantze Last uffruhet. Die Zimmerleute nennen es Bordonale einen Träger. Also sollen der Tenor bey den Lateinern den Namen uberkommen haben, gleich wie ein Bordon, der den gantzen Gesang unterhalten sol. Wiewol Aristidis Quintiliani Meynung nicht unbekant seyn wird: Qui Tenoris nomen à Tónos, id est, accentus, deductum esse testatur liber I, caput 5. Ut enim accentu, vocabuli quæ naturam metimur, sic harmoniæ naturam consideramus potissimum in Tenore.

Aber hiervon im IV. Tomo geliebt es Gott mit mehren. Der andern KirchenGesängen Denominationes und Ursprung sind in I. parte Tomi Primi außführlich eingeführet worden.


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