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Opinione Intorno alli Conserti Musicali.
Was in allen Musicalischen Concerten in gemein zu observiren und zu mercken sey.

Die Obscuritates oder Mängel, so man vielmal in den Concerten hört derer seyn dreyerley:

1. Als erstlich, daß die Ingenia nicht allezeit scharffsinnig seyn, die Kunst eines gemachten Concertes zu erforschen und zu ergründen.

2. Zum andern, Daß die Instrumenta nicht nach gebühr oder Art des Concerts accomodiret seyn. Oder auch dieselben Instrumenta mit den Menschen Stimmen discordiren, und nicht uberein stimmen.

3. Die dritte und fürnehmste Ursach, darvon ich jetzt außführlicher reden wil, ist das ihr viel (jedoch keinen vornhemen Componisten damit veracht) gefunden werden, welche es nicht so eben in acht haben, daß sie in verfertigung eines Concerts den tieffen Baß in einem oder von einem Chor allein setzen. In dem andern Chor aber (verstehe, so die Chor alle zugleich singen) den Baß in einer Quint, Tertia oder Octav gebrauchen, und also gleichsam eine Trawrigkeit, welche das Gehör mehr verletzet, als ergetzt, mit sich bringet. Es geschicht aber solches darumb, weil diese Stimmen, uber welche die andern, nemlich die Ober- und Mittelstimmen gemacht und bestätiget seyn, und die da erstlich den Baß und das Fundament bey ihrem Choro halten, die werden jetzunder zu MittelStimmen, und wird also mit einem eintzigen Baß das jenige verrichtet, daß sonsten sich in einem jedern Chor, besonder gebühret. Daher dann der eini-


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ge Baß so schwach ist, daß man ihn offt kaum hören kan, und also die Principal und vornembste Stimme, so vor den andern allen gehöret werden solten, und das Gehör gleichsam eröffnet, dieselben bringen jetzo eine Trawrigkeit und bösen affectum. Inmassen dann ein verständiger in solchen Concerten genugsam zu ersehen unnd zu vernehmen hat.

Zu verhüttung aber vorgesetzter unordnung, wird sehr gelobet, daß in der zusammenfügung der Choren, diese Stimmen, welche bey jeden Chor die tieffsten seyn, nemblich die Bässe allzugleich in Unisono modulirn und einstimmen, darmit die gantze Composition in allen Choren ein recht sufficiens Fundamentum uberrkomme. Wie dann auch keine Sexta oder Tertia Minor in den mittelParteyen gegen dem Baß gebraucht oder gesetzt werden muß. Sintemal sie das mehr verletzen als belustigen.

Und dergestalt werden nun die Chori, welche sich weit von einander finden, das ist, die unabsonderliche örther gestellet werden, durch solche Unisonos vielmehr nutriret und erhalten, Als wenn ihre Bässe und FundamentStimmen unter die Mittel, oder vor ein MittelPartey gesetzt werden. Do man denn hören und sagen muß, daß dieselbe Chori ohne Baß und Fundament seyn.

Was man auch vor einen guten effectum machen könne, so die arbeit an einem Ort verrichtet, und das Fundament an ein andern Ort geleget würde.

Item, Was es für eine liebliche Harmoniam bringen könne, wenn man höret, drey oder vier Stimmen eines Gesanges ohne Baß, oder aber, solcher gestalt so weit von dem einigen FundamentBaß abgesondert, daß mans kaum hören kan, das wird ein jeder bey sich selbst erwegen und betrachten.

Derowegen viel besser, und wird der Gesang vielmehr Harmoniæ haben, daß, wenn die Chori zusammen kommen, oder mit einander fortgehen, alsdann die Bässe alle in Unisonum gesetzt werden. Sintemaln sie dergestalt solche Stimmen seyn, welche die Harmoniam gleichsam, erhalten, ernehren und vermehren, nach dem Verß des Mantuani:

Bassus alit voces, ingrassat (Confortat) fundat et auget.

Und bißher Johan Maria Artusius.

Und felt mir ein, daß ich an einem Ort vor diesem gelesen: In octo, 10, 12, 16 aut plurimum vocum Mutetis, quando Chori longiùs disiunguntur, vera Basis vel vox infima, in quolibet Choro, si omnes simul miscentur, habea-


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tur, et præsertim in fine præ aliis perfectè audatur, aliàs κακοψώνια, ubi fundamentum non substruitur, existit, id quod tabula Compositoria et experientia testatur.

Hieraus ist nun gnugsam und augenscheinlich zu sehen und zu vernehmen, daß die Unisoni durch und durch et vocibus et Instrumentis in hohen, niedrigen unnd mitlern Stimmen gar wol, und ohn einig ferner Bedencken adhibirt und gebrauchet werden können.

Was aber die Octaven belangen thut, so muß man mit denselben etwas vernünfftiger und säuberlicher umbgehen.

Octavæ in omnibus vocibus tolerari possunt: Quando una vox cantat, altera sonat.

Dann weil in anordnung der Concerten (wie in 3. Parte bald folgen wird) gar gebräuchlich, daß man zu einem niedrigen Chore, do der Cantus von eim Altisten zu 3 Posaunen, oder 3 Fagotten gesungen werden muß, eine DiscantGeigen zu dem Altisten ordnet, do dann der Instrumentist uff der Geigen das jenige, so der Altista singet, in der Octaven höher machen oder (wie etliche reden) spielen muß. So kan man gar wol in pleno Choro, auch sonsten, wenn nur etliche Chor allein zusammen fallen, die AltStimme, sο in Vocali Choro ist, in Instrumentali Choro in die Octavam superiorem schreiben lassen. Also, daß aus dem Αlto an statt des image ein image und die Noten ein Octav höher zum Cantu geschrieben werden. Der Cantus aber im image also verbleibe, unnd mit dem Wort Altus intituliret werde. Und alsdann geschichts zum öfftern, daß, do sonsten unten der Alt mit dem Cantu in Quarten gestanden, oben Quinten draus werden. Welche etliche vermeynen, dergestalt passiret werden köndten. Welcher Meynung ich noch zur zeit, nicht beypflichten kan.

Es wird aber derselbe Chor alsdann auff diese weise signiret:


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image

Wenn man nun in mangelung der Instrument einen solchen Chor mit Cantoribus und Vocalisten besetzen wil, so lest man den Alt von einem Discantisten und den Discant von eim Αltisten in der Octav drunter singen, so kömpt es in seinen vorigen rechten Stand.

Und hac ratione kan man solches durch alle Stimmen wol geschehen lassen, und gibt keinen nigratum sonum auribus, wenn das jenige, so der Concentor humana voce singet, der Instrumentist uff Zincken, Geygen, Flöiten, Posaun oder Fagotten in der Octaven drüber oder drunter machet. Denn etliche Instrumenta simplicia, als vοrnemblich die Flöitten, wie in Tomo II Capitel IV mit mehrerm zu ersehen, seynd jederzeit eine oder auch zwo Octaven höher nach dem Fußthon zu rechnen, als der Gesang an ihm selbsten gesetzt ist. Und ist in solchem Fall nichts anders, als wenn in einer Orgel viel und mancherley Stimmen, die in Unisonis, Octaven, SuperOctaven, auch unterOctaven in den grossen Untersatz, und (wie es etliche nennen) ContraBässen mit einander concordirn, zusammen gezogen werden. Daher auch in pleno Choro gar eine prächtige Harmoniam von sich gibt, wenn man zu einem Basse, dο die menge der Instrumentisten vorhanden, eine gemeine oder QuartPosaun, ein ChoristFagott, oder PommerBοmbard, welche den Baß im rechten Thon, Und darneben ein OctavPοsaun, dοppel Fagott, oder groß doppelBombard, und groß Baßgeyg, welche gleich, wie in Orgeln die SubBässe oder Untersätze, eine Octav drunter Intonirn, anordnet. Welches dann in den jetzigen Italiänischen Concerten gar gebräuchlich, und gnugsam zu verantwοrten ist.

Derowegen ich auch in der Capella Fidicinia (davon hernacher Bericht folgen wird) ohne bedencken es also gesetzt, daß, wenn 2, 3 oder 4 Discantisten, oder zween Tenoristen mit einander zugleich singen, die Stimmen sο in Capella fidicinia mit Geygen oder andern Instrumenten ad complendam Harmoniam darzu misciret und musiciret werden, bißweilen auch in Octaven mit den Vocibus humanis fοrtgehen, welches dann ein jeder verständiger Musicus, der den Sachen etwas weiter nachdencken wil, gar wοl approbiren, und dißfalls mit mir einig wird. Ob ich auch gleich in meiner UranoChordiá an etlichen örthern den Cho-


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ral im Discant und Alt, welche viva voce müssen gesungen werden, in Octaven gesetzet. So habe ich doch allda unter andern diese rationes eingeführet, dieweil die gantze Gemeine in der Kirchen klein und grob, hoch und niedrig zugleich den Choral mit ein zu singen pfleget, et cetera. Welches aber sonsten ausserhalb des Chorals, ich gantz nicht passiren lassen.

Dieses aber ist nun gar gemein, daß in der Italorum Concerten, do niedrige und hohe Chor Basset verhanden seyn, der Basset Superioris Chori mit dem Baß inferioris vel alterius Chori, wenn die Chor zusammen kommen, in Octaven meistentheils daher gehet.

Welches, ob es gleich in zween oder drey Chörichten Cantionibus bißweilen wol köndte geendert werden, also daß man einen Baß hinauff, den andern herunter, et vice versâ steigen liesse. So kan es doch daher excusiret unnd verantwortet werden:

1. Daß man gemeiniglich zu eim solchen Basset im hohen Chor einen Tenoristen viva voce ordnet. Im tieffen Chor aber zum Baß eine QuartPosaun, PommernBombard, oder doppelte Fagott.

2. Ob auch wol in denen Concerten, welche mit 3, 4 oder mehr Choren, unnd die Bässe in zwo oder drey Octaven von einander gesetzt seyn, der Basset mit dem untersten oder andern Bässen in unterschiedenen Choren mit Octaven zugleich fortgehen muß, auch unter denselben zween oder mehr Bässe viva et humana voce gesungen werden. So kan ich doch solches nicht allein improbirn oder verwerffen, sondern muß mich dessen nothwenig gebrauchen, und eim jeden, der es vor die Hand nimbt, selbsten zu erkennen geben. Wenn er in der Kirchen, oder in eim grossen Saal ein solch Concert nur mit zweyen Choren, hoch und niedrig gar weit von einander an beyden enden gegenüber anordnet, und bleibt bey dem Choro superiori stehen, also, daß er in pleno Choro, wenn die beyde Chor zusammen stimmen, den tieffsten Chor nicht wol hören kan. So wird er befinden, daß gar kein Fundament beym höhern Chor, sondern in manglung der untersten Quinten, welche der Fundament Baß zu dem Basset oder Tenor des hohen Chors führet, mehrentheils Dissonantzen und Quarten werden gehöret werden, hervorab, wenn kein FundamentInstrument also Positiff, oder Regal dabey verhanden ist.

Es ist mir auch newlich aus Venedig zugeschrieben worden, daß die vornembsten Musici in Italia in den Ripieni, (das ist in pleno Choro) mit allem fleiß die Unisonos und Octaven gebrauchen, aus eigener Experientz und Erfahrung, daß solche Arten in so grossen Kirchen, da die Chor weit von einander seyn, viel besser Krafft geben wenn sie mit den andern Choren zugleich in Unisonis oder


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Octaven (uff die weise, wie jetzo bald angezeigt werden sοl) fοrtgehen. Als wenn mit grossem fleiß (studiosamente) die Unisonos und Octaven zu vermeyden gemacht und gesetzt weren, do dann nimmermehr eine solche perfecta Harmonia und Resonantz sich könne vernehmen und hören lassen. Denn was man einem Chor gibt, das werde dem andern hergegen entzogen, et cetera.

Und köndte ich wol etliche gar vornehme Alte Musicos Theoricos und Practicos nennen, welche im anfang mir solches nicht haben wollen passieren lassen. Hernacher aber, als sie es selbsten vor die Hand genommen, und den Sachen vor sich weiter nachgedacht, haben sie es approbiren, mir recht geben und bekennen müssen, daß sie es vor der zeit vor nichts, und fast eine TodtSünde geachtet hetten, jetzo aber befünden sie selbst, daß die Unisoni, so wol die Octaven in den Bässen nicht vermieden werden köndten. Do anderst in allen Choren eine perfecta Harmonia sein und bleiben solte.

Doch köndte man noch dieses Mittel treffen: Wenn in einem ConcertGesang ein solcher nach den Regulis Musicalibus gesetzter Bassett befunden würde, wie dennn Johann Gabriel in primo libro seiner Symphoniarum sacrarum, in secundo unnd tertio aber gar nicht solches observiret, so muß man zu demselben Choro Superiori, entweder ein Regal, Positiff oder Orgel, oder aber zum wenigsten ein FundamentBaß stellen und ordnen, der da, wenn die Chor zusammen fallen, vel voce humana vel Instrumento, es sey dann mit einer Posaunen, Fagott oder Baßgeigen, das Fundament zugleich mitführen könne, und also der Gesang nicht imperfect und unvollkommen gehöret und geachtet werden möge.

Und also ist aus jetzt angezeigten Rationibus unnd Ursachen leichtlich zu schliessen:

Daß 1. die unisoni durch und durch in allen Choren und Stimmen, ohn einig bedencken zu gebrauchen seyn.

2. Wie gleicher gestalt die octaven in Choro Instrumentali, wenn entweder allerley Instrumenta allein, oder aber Instrumenta und MenschenStimmen zusammen kommen, nicht weniger als die Unisoni passiren können.

3. Dann auch die Bässe und FundamentStimmen so wol in Octaven, als in Unisonis zu gebrauchen.

4. Allein in Choro Vocali, daß ein Discantist mit eim Tenoristen, ein Altist mit eim Bassisten, et cetera. in Octaven zugleich miteinander fortsingen solten, kan ich nοch zur zeit nicht vor gut halten oder passiren lassen, ungeachtet der Steffanus Nasimbenus Ducalis Ecclesiæ in Mantua Capellæ Magister, Valerius Bona in Brescia ixia und andere, die Octaven in den Cantus, Mittel und BaßStimmen ohn


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unterscheyd zu gebrauchen gar kein bedencken tragen. Deren Exemple auch in andern vornehmen Autoribus mehrn, so ich nicht nennen mag, ein jeder wird finden können, Daß sie in den Mittelstimmen, deren zwo, voce humana, wies darbey gezeichnet, gesungen werden, dreyerley Octaven etliche Tact lang ubereinander setzen.

Wie hann auch Lodovico Viadana in seiner Præfation supra Psalmos quatuor Choris concinendos, den usum Octavarum et Unisonorum mit nachfolgenden Worten defendiren wil, Do er also sagt:

Es kan ohn alle Gefahr, und ohn einige Confusion gar wol geschehen, daß man in den Concerten per Choros, unterschiedliche Capellen herausser ziehe, nach seinem gafallen. Und schadet nicht, daß die Chore mit einander Octaven und Unisonos machen, dieweil man solches daher, daß die Chori an absonderliche örter weit von einander separiret und gestellet werden, nicht sonderlich vernehmen und unterscheiden kan. Jedoch, daß ein jeder Chor die rechte Consonantien, als nemblich nach dem Fundament und den gesetzten ConcertatStimmen, darauff der gantze Gesang beruhet, und jetzt im 3. Theil weil weitläufftiger davon sol gesaget werden, observire und behalte, denn mir dieses also völlig zusetzen viel besser gestellt, dieweil die Music und Concentus des Gesanges ungleich herrlicher und vollnkömmlicher deducirt (Italicè, riuscrit) und hinaus geführt wird, als wenn man solche Ripieni und plenos Choros nach dem Musicalischen Regulen exactè, (observatemente) componiren und setzen wolle. Do mann denn so viel gantze, halbe, viertel Pausen, Suspiria, Puncta, illegitima intervalla, Syncopationes und verwirrungen nothwendig setzen muß, also, daß es (Musica stiracchiata, rustica ed ostinata) eine rechte zerstümpelete, bäwrische, starrhaffte, geräderte Music, deren gleichsam der Halß abgeriffen, anzuhören ist. Dieweil man allezeit (à rompicollo) zerstümpelt, und durch einander zerhackt singen muß, welches dann mit gar geringer gratia, und keiner sonderlichen anmutigkeit des Cantoris und auditoris geschehen kan.

Nichts desto weniger weiß ich doch wol, daß etliche, die da von sonderlichem subtilen humoren seyn, und ire sonderbahre profession von eim reinen delicaten und saubern Gehör machen wollen, sich finden können, Denen diese novitas und newe Manier gantz nicht gefallen, sonder bald hier, bald dar ein Scrupel und Mangel haben, bald diß, bald jenes taddel werden. Ungeachtet viel andere vor mir (sagt Lodovico Viadana) dergleichen uff solche maß und weise gesetzt haben, als unter andern der Palavicinus im Jubilate und Laudate à 16 darinnen die Cantus und Tenor uff 25 und mehr Tact in Octaven nacheinander gesetzet, befunden werden. Aber damit ich schliesse, so hab ich solchs nach meinem gutachten also gesetzet: Wenn es nu


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andere auch also machen werden, so wird eine solche zeit verhanden seyn, da der jenige, so es als denn sehr schlimm und unsauber machet, dafür wird gehalten werden, als wenn er es sehr köstlich und zum besten gemacht hette. Gott sey mit euch. Et Hactenus Lodovico Viadana.

Wenn ich nun nach meiner tenuitet mein einfältig bedencken eröffnen solte, so wolt ich, daß die Octaven so viel immer müglich, vermeiden, und allein 1. in den Bassetten, Bässen und unterStimmen, do es sich nicht anders leiden wil, Und dann 2. auch in den Obern- und MittelStimmen, fürnemlich aber im Alt adhibiret würden. Doch dergestalt, daß die eine Stimme Vocaliter, die andere Instrumentaliter, nicht aber beyde Vocaliter musiciret würden. Wiewοl doch die Octaven endlich in Choro Instrumentali besser, als in Vocali aus obenangedeuteten Ursachen zu verantworten stünden. Doch eines oder des andern Opinion hierinn nicht zu improbiren oder hinten an zu sehen.

Und dannenher ist hierbey fleissig in acht zu nehmen, daß in denen Concerten do etliche unterschiedene Chori vel Capellæ vocales et Instrumentales verhanden, nicht allein die Chori Vocales, oder die Concertat und VocalStimmen in sich selbsten, sondern auch die Stimmen in den Choris und Capellis Instrumentalibus gleicher gestalt in sich selbsten gegen einander recht rein, sauber und ohne vitiis nach den Regulis Musicalibus gesetzt seyn solten. Aber dieweil es in so vielen Stimmen uberal so gar schnurrecht nicht gehalten werden kan, es were denn, daß man eine solche hiulcam Musicam, davon jetzt außm Lodovico Viadana referiret und angezeiget worden, so durch viel Pausen, Suspira, unfreundliche Intervalla und insultos saltus gar zerstümmelt und verdorben wird, gern hören wolte. So muß man die Unisonos unnd andere geringere verbottene Species, die ohne das in plurium vocum Cantionibus nachgegeben werden (die Quinten aber durchaus nicht) passiren lassen. Wiewol ich sehe, daß die Quintæ Imperfectæ bey den Italis gar gebrauchlich seyn, Und auch die Diminutiones, so bißweilen intermiscirt werden sehr viel excusiren und vertuschen helffen. Was aber die Octaven anbelangen thut, das laß ich bey der vorgedachten angezeigten erinnerung gäntzlich bewenden.

Wenn nun die Chori Vocales, und die Chori Instrumentales ein jeder vor sich selbsten in seinen Stimmen also rein gesetzt ist, so wird von etlichen vor unnötig erachtet, daß diese zweyerley Chori gegen einander revidiret, ponderiret und examiniret würden, dieweil man alle verbotene Species in Voce et Instrumento zugleich passiren lassen solte. Welches dann endlich in Unisonis und Octaven, aus hiebevor angezogenen Ursachen, bescheidentlich, in Quinten aber gar nicht zugelassen werden kan.

Demnach aber in Schulen und sonsten, dο man die Instrumenta nicht darbey


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haben kan, die Instrumentales Chori entweder gantz außgelassen, oder aber humanis Vocibus bestellet werden müssen. So wirds eim jeden in seine willkür, ob er an etlichen örthern die Octaven könne und wollen vorbey gehen, anheimb gestellet.

Ich zwar in etlichen meinen deutschen Concerten hette die vier Stimmen in den Capellis oder Choris Instrumentalibus allzeit von sich gar wol also setzen können, daß sie mit denen darzu geordneten Vocal- oder Concertat Stimmen gantz nicht in Unisonis oder Octavis sich hören liessen. Aber darmit der Choral auch in den Instrumentis gehört und vernommen werde, und ich die Italos etlicher massen nach meiner Wenigkeit imitire, hab ichs bißweilen mit fleiß also gesetzet. Do es mir sonsten eine jede Stimme vor sich selbst gegen alle andere rein und sauber gar keine sonderbahre mühe gewesen were.


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