Das III. Capitel. De rotundi, quadrati et cancellati vero usu. Wie und wo das , und recht zu gebrauchen sey.

Quadratum locum in cantilena proprium quasi habet, vel in Clave transpositi Systematis, vel in f regularis, Quando scilicet ipsi in harmonia inferiori loco subiicitur quinta. Quò mitegitur sui et F A in Diapente, id est, quando quinta diminuta mutetur in veram addito Semitonio minora, quod antea deficiebat.

Quando vero cancellatum signatur, non necesse est, ut sonus semper per Integrum Semitonium minus elevetur vel deprimatur, tertiæ enim minori vel etiam sextæ minori tantum additur, quò vertantur in majores. Tuarum utraque, dum in tertiam vel sextam majores, paulatim elevando sonum, transit, ubique consonat, sive finem suum attigerit, sive minus, consonat, sive finem suum attigerit, sive minus, id quod non fit, si quadratum notatum fuerit. Eo enim assignato, necesse est, ut notula illa per integrum semitonium minus elevetur, et ita tota cantilena in Chromaticum genus commutetur, et ex transposito systemate fiat regulare, vel vice versá ex regulari fictum.

Quiddam Melopœi, dum hoc discrimen non intelligunt, aliquid tamen de eo audeverunt, in Clave illud quadratum tantum et semper, si ibi Chromaticum signum figendum est, scribendum putant, quæcunque etiam consonantia ei opponatur, qua in re mihi pueriliter hallucinari videntur. Legatur Sethus Calvisius Exercitatione 3, pagina. 139.

Nebenst dem ist auch allhier fleissig in acht zu nehmen, daß, ob zwar Signa cancellatum und rotundum von den Alten vornemsten und tefflichen Componisten gar nicht, oder ja gar selten, an den örtern, da sonsten der Gesang per se eins von diesen signis requiriret und erfordert, darbey gezeichnet worden. Unnd noch jetzo zu unser zeit etliche Componisten gleicher gestalt darbey verharren, und vermeynen es sey gantz nicht von nöthen, Es wisse doch ein jeder Cantor unnd Musicus vor sich selbsten wol, daß, wenn ein Tritonus oder Semidiapente vorstellt, er eine rechte Diatessaron, und Diapente, und bey der Clausula formali das Semitonium singen und gebrauchen müsse. Item unicâ notulâ ascendente super la, semper canendum esse fa, et cetera.

Darumb dann auch Philippus de Monte und andere mehr vornehme Musici und Componisten ihren Discipulis durchaus nicht haben passiren laßen wοllen, das rotundum in solchen Fällen darbey zu zeichnen. Ich aber bin gäntzlich der Meynung, daß es nicht allein sehr nütz unnd bequem, sondern auch hochnötig sey, nit allein vor die Sänger, damit sie in irem singen nit interturbirer werden, sondern auch vor einfältige Stadt Instrumentisten und Organisten, welche Musicam nit verstehen, viel weniger recht singen können, und dahero, wie ich selbsten zum offtern gesehen und erfahren, keinen unterscheyd hierinn zu machen wissen. Zu geschweigen, daß der Componisten ihre Composition also beschaffen, daß diese beyde Signa Chromatica etlichen örtern gebrauchet, an etlichen aber nicht in acht genοmmen werden dürffen. Darumb denn die beste Caution wehre, wenn es die Componisten an allen örten, Da es von nöthen ist, klärlich darbey schrieben, so hette man keines nachsinnens οder zweiffels von nöthen.

Ob nun zwar in allen diesen Exempeln ein jeder Cantor, auch ein Knab in der Schulen wissen muß, daß er, wenn solche und dergleichen Intervalla in eim Gesange vorfallen, nothwendig beym Tritono die Quart, und beym Semidiapente die rechte Quint nehmen muß, wil ers anders mit der Stimm assequirn und recht zu wege bringen, Sintemal kein Tritonus oder Semidiapente natürlich gesungen werden kan, So wissen doch etliche Organisten, und andere Instrumentales Musici, welche offt nicht recht solmisiren oder singen können, eins vor das andere nicht also zu unterscheyden, Wie in meiner Urano Chordia, angezigt worden.

Dieweil auch die Knaben in Schulen meistentheils die dritte Notam in dem vorhergehenden Exempel sub numero 5 also descendendo den Ditonum oder tertiam majorem, gleich als wenn ein darbey gezeichnet were, und nicht minorem oder den Semiditonum singen, Und es gleichwol von dem Componisten nicht also gesetzet

oder gemeynet, so muß man nothwendig das rotundum zum unterscheyd und gewisser nachrichtung dabey zeichnen. Wo aber das nit dabey, doselbsten sοl es auch nicht gesungen, sondern die tertia minor behalten werden, Unnd ist unnötig, die Diesin darbey zu zeichnen.

Die Regula aber, quod Diesis sequentem Notulam ascendentem requirat, kan in Concerten mit vielen Stimmen und Choren nicht allezeit observirt werden. Gleichwol aber kans nicht schaden, daß ein Componist achtung drauff gebe, daß er in denen Stimmen, welche humana voce gesungen, die folgende Notam nach dem Semitonio, descendendo gar wenig und selten gebrauche, Sintemal es im singen etwas frembd und schwehrlicher zu intoniren. Wiewol solches nunmehr im Sigismundo de India, Principe de venosa und anderer Madrigalien jetziger zeit mit sonderm fleiß, auch im Luca Marentio unnd Johan Gabriele gesetzt, zu befinden. In denen Stimmen aber, welche mit Instrumentis gemacht werden sollen, hat es gantz kein bedencken, und kan garwol und füglich, auch in Cantionibus mit wenig Stimmen gebraucht werden.