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Das II. Capitel.
Capella: Chorus pro Capella: Palchetto.

Das Wort Capella wird uff dreyerley Art gerichtet befunden. Dann 1. So ist es im anfang, meines erachtens, von den Italiänern allein dahin verstanden worden, wenn in den Käyserlichen, Oesterreichischen und andern Catholischen weitläuffigen Capellen oder Music, etliche unterschiedene Chor mit allerley Instrumenten und MenschenStimmen angestellet werden, daß alsdenn noch ein absonderlicher Chorus aus diesen allen heraus gezogen, und Chorus pro Capella genennet worden, darumb daß der gantze Chorus Vocalis, oder die gantze Capella denselben im Chor, und von den andern Choren gantz abgesondert, musiciret, und gleichsam als uff einer Orgel das volle Werck, mit einstimmet. Welches dann ein trefflich Ornamentum, Pracht und Prangen in solcher Music von sich gibt. Dieweil dieser Chorus fast meistentheils zugleich mit einfället, wenn die andern Chor alle zusammen kommen.

Und wird solche Harmonia noch mehr erfüllet, und mit grösserer Pracht erweitert, wenn man dabey einen grossen BaßPommer, doppeltFagott, oder grosse BaßGeygen (Italis, Violone) Auch wol andere Instrumenta, wo deren uberig verhanden, zu den Mitteln und OberStimmen ordnet. Solche Capellen aber können unterschiedlich, eine, zwo oder drey aus einem jeden Concert heraus gezogen, ein


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jede insonderheit nur mit vier oder mehr Personen, wenn man die haben kan, besetzt, und an abgesonderte örther in der Kirchen gestellet, Auch in mangelung der Personen, gestalten Sachen nach, gantz und gar außgelassen werden. Dieweil diese Capella fast als die Ripieni, allein zur erfüllung und besterckung der Music, ein Chorus ascititius aus den ander Choren extrahiret und heraus gezogen ist. Da dann die Unisoni und Octaven ohn unterscheid von ihnen gesetzt werden, aus denen im 12. Capitel des ander Theils angezogen Rationibus und Ursachen.

Und solcher Capellen habe ich in etlichen des Johan Gabriels abgeschriebenen Concerten viel und unterschiedlich gesehen. Welche aber in denen jetzt newlich im vergangenen Jahren im druck publicirten nicht verhanden.

2. In denselben aber, so wol auch in seinen ersten Anno 1597 publicirten Cantionibus sacris befindet sich, daß das Wort Capella, ihme so viel heisset und bedeutet, als wenn ich setzte, Chorus Vocalis, Chorus Vocum, das ist, der Chorus, welcher mit Cantoribus und MenschenStimmen muß besetzet werden, als wenn in einem Concert der eine Chor mit Cornetten, der ander mit Geigen, der dritte mit Posaunen, Fagotten, Flöitten und dergleichen Instrumenten, doch daß bey jedem Chor zum wenigsten eine Concertat- das ist, eine MenschenStimme darneben geordnet. So ist meistentheils noch ein Chor darbey, do aller vier Stimmen mit Cantoribus besetzt werden. Denselben nun nennet Johan Gabriel Capellam. Und kan ein solcher Chor oder Capella, weil sie mit unter die PrincipalChor gehöret, durchaus nit aussen gelassen, auch alsobald an den Clavibus Signatis erkant, und bißweilen auch mit Violn de Gamba, oder de braccio musiciret werden. Wie hernacher im 8. Capitel weitläufftiger Bericht folgen wird.

In meinen Concerten, sonderlich in den Lateinischen, wie auch etlichen Teutschen, do ich keinen Chorum pro Capella dabey setzen wollen, habe ich meistentheils die Wörter, Omnes und Solus, oder Voce, Instrumento, Trombone, et cetera. darbey gezeichnet. Welches dann ein jeder leicht verstehen, und sich darinn richten kan. Dann wo fernern an Voce et Trombone, oder Voce et Violono, et cetera. stehet, do muß man ein Vocalisten und Instrumentisten mit einer Posaun oder Geigen darbey stellen. Wo nun Voce allein gefunden wird, doselbsten singet der Vocalist allein. Wo Trombone, do gehet die Posaun allein. Wo omnes, do musiciren sie zugleich alle beyde. Gleicher gestalt wird es auch gehalten, wenn anderer Art Instrumenta darbey notiret befunden werden. Und kan also nicht allein aus solchen abgetheilten, sondern auch allen andern Concerten, ein jeder nach seinem gefallen, wenn er anderst mit ubriger Gesellschafft von Cantoribus und Instrumentisten versehen ist, eine oder zwo Capellen mit 4 Stimmen herausser ziehen, und das jenige, darvor das Wort


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omnes oder Chorus gezeichnet stehet, oder aber do ohne das alle Chor mit einander zugleich einstimmen, oder do es sich sonsten schicken wil, uff absonderliche Bletter (doch uff die im 12. Capitel des andern Theils angezeigte masse) heraus schreiben lassen. So bald aber das Wort Solus, oder Voce Instrumento, et cetera. folget, an dessen statt müssen so viel Pausen gesetzt, Und derselbe Chorus pro Capella alsdann zum musiciren an einen absonderlichen ort geordnet und gestellet werden.

Ich habe vor etlichen Jahren allbereit die Wörter omnes und solus in meinen Cantionibus zu gebrauchen angefangen. Befinde aber, daß jetzo die Italiäner in ihren Concerten das Wort Ripieni gebrauchen.

3. Numehr aber nennen etliche auch dieses eine Capellam, wenn man zu einem Choro Vocali, einen Chorum Instrumentalem, componiret und setzet. Doselbsten wird der Chorus Instrumentalis, welcher tanquam minus Principalis, in mangelung der Instrumentisten gar wol aussen gelassen werden köndte, vom Choro Vocali, welcher Principalis, und vor sich selbsten ohne zuthun der Instrumentisten, doch daß ein Organist mit einem Positiff oder Regal darbey, den Sachen eine gnüge thun kan, abgesondert, und etwas gegenüber, oder an ein höhern, oder aber niedrigern ort und stelle geordnet. Welchs in Italia auch Palchetto genennet wird, da sie bißweilen mehr als einen Chor pro Capella, und immer einen uber den andern stellen. Gleich wie vielleicht zu Davids zeiten die Musici im Tempel uff unterschiedene höhere und niedrige Chore gestellet und abgetheilet worden sind. Daher etliche sonderliche Psalmen, als der 120. biß uff den 134. Lieder im höhern Chor genennet werden, Wie Tomo primo partis primæ Membro 1, Capitel. 2. weitläufftiger zu sehen.

Es kan aber das Wort Palchetto aus nachfolgendem kurtzen Bericht, so viel besser verstanden werden, weil man in etzlichen Kirchen, und bevorab Fürstlichen Capellen unten bey der Erden, oder sonsten an einem bequemen Ort, do die Musici von den Zuhörern ungehindert bleiben können, einen gewissen stand, einem Theatro gleich, von Balcken und Bretern auffzubawen, oder aber die Bretter uber etliche Stüle, do sichs leiden wil, zulegen, und oben mit Lehnen und Tappezereyen zubeschmücken und außzustaffiren pflegt. Wie man dann auch wol, do man wil, gar einen sonderlichen Ort in die höhe, einer kleinen Poerkirchen gleich, dahin unterschiedene Chor von den anderen weit abgesondert und gestalt werden können, auffbawen kan. Inmassen dann dergleichen fügliche örther in alten Krichen, und zuvoraus hinten in den Choren, deren man zu jetztverstandener behuff gebrauchen, und daher Palchetto nennen kan, offtmals gefunden werden.


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